Wird eine sehr technische news, hoffe man kann da folgen. Am Ende der letzten angekündigt: hier nun das Happyend der Geschichte mit unseren selbergemachten Bremsen. Für die Neuen hier nochmal knapp die Vorgeschichte: Radnabel steht auf Trommelbremsen, weil 20″-Räder nicht felgengebremst werden sollten, weil a) es ein Felgenüberhitzproblem gibt, b) der Felgenabrieb stärker ist als an großen Felgen und c) es sowieso ein Unding ist, an tragenden Teilen zu raspeln. Bleiben Nabenbremsen, aber doch eher keine Scheibenbremsen, weil die „Schönwetterspielzeug“ sind, wie es neulich ein geplagter Winterfahrer nannte, sie halten dem Salz nicht lange stand. Bleiben zuletzt eben Trommelbremsen. Unsere ersten Serien haben wir Anfang der Neunziger stets mit denen der obersten Baureihe von Sachs ausgestattet. Fast nur gute Erfahrungen damit gemacht, viele dieser Bremsen sind immer noch im Einsatz. Schade, dass sie bald danach nicht mehr gebaut wurden. Sachs meinte, Trommelbremsen passen nicht mehr zum sportlichen Image der Firma. Außerdem war damit nicht viel Geld zu verdienen, die Dinger waren preiswert und – wie man jetzt weiß – sie halten viel zu lange. Seit damals kämpfen wir beim Ausstatten in der Hauptsache mit dem Bremsenproblem. Wir machten notgedrungen unsere oben geschilderten Erfahrungen mit Felgen- und Scheibenbremsen. Schließlich begann ich, Sram, dem Sachs-Aufkäufer, in den Ohren zu liegen, sie mögen doch wieder Trommelbremsen ins Programm nehmen. Nach zehn Jahren Generve kam endlich die I-Brake, eine innovative Trommelbremse, auf den Markt, wir dachten, endlich Ruhe zu haben. Doch vor zwei Jahren war dann schon wieder Schluss mit der I-Brake. So reifte der Plan, Trommelbremsen eben selber herzustellen. Letztes Jahr auf der SPEZI zeigten wir die ersten Exemplare unserer Eigenentwicklung: brandneu, aber doch eher noch „Dummies“, wie sich bald herausstellte. Wir verwendeten die ausgereiften Trommelbremsträger von Sturmey Archer, seit bald 20 Jahren unverändert so hergestellt, entwarfen eine eigene Niro-Trommel mit auffälligen Kühlrippen, die sich zB auf spezielle SON-Nabendynamos aufflanschen lassen. Mehreres stimmte zunächst noch überhaupt nicht. Da war zum einen, dass die Hebelgeometrie der meisten heutigen Bremshebel nicht zu der von den Bremsträgern passte. Da gab es inzwischen zwei Maßnahmen: a) wir fanden Bremshebel, wo das Verhältnis der Wege zwischen Handhebel und Bremszug einstellbar ist, b) zudem ließen wir für die Bremsträger längere Betätigungshebel lasern, beide Maßnahmen zusammen gewährleisten nun eine harmonische Bremsbetätigung. Zum andern stellte sich heraus, dass die Reibpaarung Nirotrommel mit den Original-Bremsbelägen der Bremsträger nicht passte, diese Bremsbeläge entrissen der Trommel kleine Nirospäne, die sich in den Bremsbelägen festsetzten, kratzende Geräusche kündeten vom raschen Verschleiß dieser Kombination. Wir wussten aber, dass dieses Problem lösbar sein muss, denn alle Scheibenbrems-Scheiben sind aus Niro, da geht das ja auch. Also mussten andere Bremsbeläge die Lösung bringen. Zunächst dachte ich, den benachbarten Scheibenbrems-Hersteller Magura um Rat zu ersuchen. Doch dann kam der Zufall zur Hilfe. Ein befreundeter Kunde stellte die Verbindung zu einer Firma bei Dresden her, wo ua Oldtimerbremsen neu belegt werden. Die kennen sich richtig aus. Wir ließen ein paar Muster-Bremsträger mit Niro-kompatiblen Belägen neu belegen, diese sind seit Herbst im Test: höchst erfolgreich. Inzwischen haben wir eine – für unsere Verhältnisse – größere Stückzahl nagelneuer Sturmey Archer Bremsbeläge direkt vom Auslieferungslager in Amsterdam in die Dresdener Gegend dirigiert, dort werden sie gleich neu belegt, bevor wir sie zu Gesicht bekommen. Also, endlich doch ein Happyend? Wir werden’s sehen. Sturmey Archer hat uns versichert, dass sie ihre Trommelbremsträger bis auf weiteres so herstellen werden. Und das Erstaunliche: inkl unserer eigenen Trommel ist diese Brems-Kombi sowas von preiswert, und sie verspricht nun wieder die ersehnte Langlebigkeit. Das Seriöse an der Chose: im Fall (schweizerdeutsch) wären Dynamo, Trommel und Bremsträger jeweils einzeln zu ersetzen.
Und noch etwas Beruhigendes haben wir dabei herausgefunden. Die Sachsen haben uns auch schon ein paar alte I-Brakes neu belegt, gleichfalls mit diesen Nirotommel-kompatiblen Belägen. Somit können wir jetzt auch mit dem Problem umgehen, was wir Kunden anbieten sollen, wenn ihre I-Brakes runtergebremst sind – es gibt die ja nicht mehr neu. Die bekommen schlicht Austausch-Bremsen, und dann mit passenderen Belägen. Denn, das ist doch erstaunlich: Die Weltfirma Sram bestückte ihre I-Brakes, die ja ebenfalls über eine Nirotrommel verfügen, leider mit dafür untauglichen Belägen. Wussten die es etwa tatsächlich nicht besser? Auch da gab es schon das Problem der rausgerissenen Nirospäne, die sich in den Belägen festsetzten. Die Lebensdauer mancher I-Brakes hat gerade bei einem Jahr gelegen. Dies lag weniger an der Belagabnutzung als mehr daran, dass durch das Spänerausreißen der Durchmesser der Trommeln erstaunlich schnell größer wurde. Die zerschundenen I-Brake-Trommeln werden künftig in Sachsen sauber überdreht und die die neuen Beläge dem dann etwas größeren Trommeldurchmesser angepasst. So müssten auch Austausch-I-Brakes künftig langlebiger sein.
Was die Dresdener uns verrieten: herkömmlich Trommeln sind aus Stahlguss. Darin ist Graphit eingeschlossen, der beim Abreiben als Schmierstoff wirkt. Beim eher zähen Niro gibt’s keinen solchen Schmierstoff. Die Lösung ist, dass bei Nirotrommeln eben der Bremsbelag die Schmierung übernimmt. Niro-kompatible Beläge beinhalten deshalb Beigaben von Kupfer oder Messing, beide mit bewährten Schmiereigenschaften.
Nun noch das „leider“. Die Abhandlung bis hierher bezieht sich nur auf die Vorderbremse, und die ist beim atl die weniger wichtige. Fürs Hinterrad haben wir noch keine ultimative Lösung, stattdessen zwei – nicht ganz schlechte – Varianten. Wer herkömmlich mit Kettenschaltung fahren will, bekommt seit einiger Zeit von uns die Sturmey Archer Trommelbremsnabe mit Kassettenaufnahme empfohlen. Das ist von der Bremse her betrachtet ok, wenn auch die Original-Bremsbeläge eher moderat ziehen. Da gibt’s zZ Überlegungen, auch diese Hinterrad-Trommelbremsträger gleich fabrikneu im Osten mit etwas aggressiveren Belägen zu bestücken. Diese preiswerte Nabe ist ansonsten mit ihren Industrielagern und einer gehärteten Achse sehr zufriedenstellend. Außerdem ist die Kassettenaufnahme endlich aktueller Stand. Die alten Sachs-Trommelbremsnaben hatten ja noch Schraubkranzaufnahme. Die fliegen heute weniger deshalb raus, weil die Bremsen am Ende wären, als vielmehr, weil’s kaum noch Ersatz-Schraubkränze gibt mit tauglicher Abstufung. Weil aber kaum ein Neukunde noch nach Kettenschaltung verlangt, kommen diese Trommelbrems-Kassettennaben tatsächlich fast ausschließlich bei Neuausstattungen unserer Oldtimer zum Einsatz. Bei der „normalen“ Ausstattung unserer Neuräder mit Rohloff-Naben werden wir auf absehbare Zeit das nicht wirklich zufriedenstellende Bremsproblem behalten. Scheibenbremse wollen wir nicht – beim falter hätte die gar keinen Platz. Heutige Trommelbremsen an die Rohloff anflanschen geht ebenfalls aus geometrischen Gründen nicht. Bleiben eben nur Felgenbremsen. Wir verbauen da am gernsten noch Magura HS33, weil deren Bremsbeläge den Felgen nicht so zusetzten, die Hydraulikbremse macht’s mehr mit Bremsdruck als mit Schmirgelstoffen in den Belägen. Aber das Thema „Trommelbremse auf Rohloffnabe“ bleibt im Hinterkopf, sowas muss reifen.