Trilogie zur Trommelbremse (die erste)

Und so ging’s inzwischen weiter mit der Selbstbau-Bremstrommel. Der wunderschöne froschgrünen Spezi-Messe-falter, in den wir die allererste eigene Bremstrommel eingebaut hatten, trat noch am So-Abend nach Messeende seine Ausfuhrreise in die Schweiz an, per pedales & ICE (gefaltet!). Es wäre eigentlich höchst unseriös, wenn man eine komplett ungetestete Komponente sofort raus gibt, und gleich noch ins Ausland. Ging aber in diesem Fall klar, denn der Käufer dieses Messe-falters ist ein alter Bekannter, der hier schon mehrfach vorkam: Freund Beat hat sich seinen zweiten (!) falter genehmigt. Er ließ sich schon den ganzen Sonntag nicht nehmen, seinen künftigen Neuen dem interessierten Messepublikum vorzuführen – es gibt für einen Hersteller nichts besseres, als dass die Kundschaft selber die Produkte lobpreist, und Beat war nicht mal der einzige, der sich diesmal auf der Messe dazu hergab. Gebrieft über die „Grünheit“ der neuen Bremse machte er sich daheim sofort dran, diese gewissenhaft zu testen. Auf seine Art: Er ist Mathe-Prof, und als solcher entwickelte er eine umfassende Rechenstudie. Seine Studenten dürfen zZ errechnen, welche Maximaltemperaturen sich an der Bremse einstellen bei unterschiedlichen Gefällen und Geschwindigkeiten unter Berücksichtigung der Luftströmungen an den Kühlrippen der Bremse und unter Berücksichtigung anderer Faktoren wie Luftwiderstand des Fahrzeugs inkl Fahrer und Gepäck oder Rollwiderstand der Reifen. Schon wenige Tage nach der Messe kam der Entwurf dieser Studie per Mail, und Beat lieferte gleich erste Ergebnisse seiner Vorab-Berechnung mit. Demnach müsste – was zunächst erstaunt – die Bremse bei ca 18km/h am heißesten werden, langsamer und schneller ist’s jeweils weniger dramatisch. 180°C wären demnach maximal zu erwarten, für eine Trommelbremse kein Thema (sobald das Endergebnis dieser Studie vorliegt, wird’s verlinkt). Dann machte sich Beat dran, seine Vorab-Rechenergebnisse praktisch zu überprüfen: Wieder ein paar Tage später kam eine Postkarte aus dem Tessin. Darauf stand, er habe nun eine Passabfahrt absolviert, den Simplon, immer nur vorn mit der neuen gebremst. Er hatte ein hochmodernes Temperaturmessgerät seiner Uni mit dabei und konnte damit ermitteln, dass bei dieser 12%-Abfahrt die Bremse nie über 179°C heiß wurde. Also alles in Butter? Ich hatte gleich nach der Messe in meinen Original-Ur-falter (der soll ja so ursprünglich wie möglich bleiben: vorübergehend)

vorübergehend: I-Brake an SON-Nabendynamo

vorübergehend: I-Brake an SON-Nabendynamo

ebenfalls eine solche neue Eigen-Bremse eingebaut. Seither fahre ich damit täglich meine 150-Höhenmeter-Abfahrt zur Werkstatt. Da hat’s zuletzt 1/2km eben, an der Werkstatt angekommen ist die Bremse einfach kalt. Und nun gab’s am Pfingstwochenende eine Dienstreise in Sachen Bremsentest. Alpenpässe mussten her. Zusammen mit Alexander Urban, Chef der Reutlinger „Fahrradwerkstatt Bruderhaus Diakonie“ ging’s nun selber in die Schweiz – die Reutlinger haben ja ein neues Falträdle, und ein Highspeed-Downhill stand zum Test an. Da wir den Schöpfer der berühmten Tretlagergetriebe „Florian Schlumpf“, den wir zunächst in Vilters besuchen wollten, verpassten, hatten wir am ersten Nachmittag noch Zeit für ein kleines „Vorpässle“, den Kunkelpass, eben mal 1348müM. Aber mal wieder lernten wir: die Kleinen haben’s auch in sich. Noch in Bad Ragatz ging’s sofort los mit heftiger Steigung, und das hielt an. Bald war’s wunderbar einsam, da gab’s nur noch vereinzelt merkwürdig unbunte Wanderer: Militärs. Das Sträßle wurde zum Feldweg, zum Waldweg. Oben waren wir die einzigen Gäste der Pass-Alm. Und dann kam’s: die Serpentinen-Abfahrt nach Tamins, in den Steilhang gemeißelt, Waldweg(?): Geröllpiste trifft’s besser, gefühltes Gefälle: 20%. Gleich war klar, DAS wird der Härtetest für die Bremse, also gib ihr. Alle 500m kurz anhalten zum Temperaturtest mit den Fingern am Nabendynamo (an der Bremse selber hätt’s Blasen gegeben, natürlich). Das war mehrere Male völlig unbedenklich. Also weiter, aber von jetzt auf gleich war die Nabe doch bedenklich heiß geworden, und es stank wie heiße Bremsen eben stinken. Eine Auszeit war geboten. Wie gerufen ein kühler Brunnen direkt zur Stelle, also Wasserflasche raus, füllen und (darf man mit Trommelbremsen machen, aber ja nicht mit Scheiben!!) zisch! Nochmal füllen, und weiter ging’s. Ca anderthalb km weiter nochmal „zisch“, das war’s dann (übrigens: genauso haben wir vor 20 Jahren diese (schon wieder, sorry) „Tour-de-Sol“-Gotthard-Abfahrt gemeistert: mit einer Flasche Wasser über die Trommelbremsen). Also: Härtetest nun bestanden oder nicht? Jedenfalls bleibt ein Fragezeichen, ein Extremfall war’s aber wirklich. Tags darauf gab’s einen „richtigen“ Pass, den Albula mit 2312müM – übrigens Weltkulturerbe wegen seiner Bahn-Führung mit den vielen Brücken und Schleifentunnels bis zum großen Tunnel auf ca 1700m. Haha, da waren wir mal wieder unverhofft autofrei: Eigentlich war der Pass zufällig genau an diesem Tag geöffnet worden, und doch war er dann zu wegen Straßenarbeiten, die wir dann tatsächlich weit oben passierten. Doch wirklich gesperrt war’s erst ganz kurz vor oben wegen Lawinengefahr, einfach dicht mitten auf einer Brücke. Da durfte man beiwohnen, wie zwei beleibten Motorradlern nur die Umkehr blieb. Wir schauten uns die Resthänge an und beschlossen, so schlimm kann das nicht sein, da kann nicht mehr viel runterkommen. Also, die Räder unter der Absperrung durch und weiter. Wir passierten tatsächlich eine kürzlich erst abgegangene Lawine, die immerhin ganze Bäume mitgerissen hatte. Wieder waren wir im Passrestaurant die einzigen Gäste. Die Herbergsfamilie erklärten uns, dass tatsächlich noch eine kleine Lawine runter müsse, bevor die letzte Gefahr vorüber sei. Aber heute sei’s zu kalt für den ersehnten Abgang. So konnten wir die Abfahrt ohne Skrupel antreten. Das gleiche wieder zurück, denn unten wartete Freund Eberhard mit seinem fetten Wohnmobil und guter Abendverpflegung (er war auf dem Heimweg von einem Konzert in Italien). Diese Abfahrt war nun wieder völlig unproblematisch für unsere neue Bremse. Übrigens, am Passfuß hatten wir ein Oldtimer-Motor-Lastendreirad aus den (geschätzten:) 30-er-Jahren bewundert mit der guten alten Springer Federgabel und einer Trommelbremse, die doch erstaunlich an unsere „neue“ erinnerte: mit ebensolchen Kühlrippe. Heißt: richtig neu ist das also wieder nicht. Andererseits, als wir nach der Passexpedition wieder unten angekommen waren, stand das Gefährt wo anders. Es fährt also noch: seit fast 80 Jahren! Na, dann werden wir schon nicht ganz falsch liegen mit unserer Bremse.

Trilogie zur Trommelbremse (Prolog)

Schon wieder zwei Wochen rum seit Germersheim. Da wäre noch was nachzutragen: Waren unsere Heinzmann-atls ja nichts wirklich neues, was neues hatten wir dann doch noch zu zeigen, was brandneues. Und doch war dieses auch wieder eher eins dieser Quasi-Dejavues. Erinnern Sie sich noch an die Germersheim-news von 22.04.2005: „Habemus Dynamem“? Damals hatten die SONs den ersten I-SON fertiggekriegt,

I-Brake an SON-Nabendynamo

I-Brake an SON-Nabendynamo

den wir dann auf der SPEZI präsentieren konnten. Viel „just-in timer“ wär’s dieses Jahr kaum noch gegangen, am „just-in-timesten“ sozusagen bekamen wir den ersten „ISA“-SON. Es hat gerade noch gereicht, ein Rad draus zu machen, es in den Messe-falter einzubauen und damit hier abends noch wenigstens einmal den Schlossberg runtergebremst zu haben. Tags darauf stand dann in Germersheim – genau wie vor vier Jahren schon einmal (deja vue!) – ein falter am Stand mit einem Vorderrad, das all unseren Wünschen entspricht: gescheite Trommelbremse an Top-Nabendynamo. Nur war diesmal die Bremse nicht mehr Srams I-Brake, denn der war leider ein kurzes Leben beschieden. Ein Nachruf: 10 Jahre vor deren Geburt hatten wir uns um dieselbe gekümmert und waren dann natürlich recht stolz, als es soweit war. Natürlich sahen wir nur das Beste an unserem Baby, es gab wichtige Verbesserungen dran gegenüber den alten Sachs-Trommelbremsen, aber die I-Brake war schlampig gebaut. Sie bremsten am Anfang super, doch schon nach Monaten war Wartung angesagt, wurde das Bremsen unzuverlässig. Und manch eine war nach einem Jahr schon runtergebremst. Wir trösteten uns mit dem „made in china“ und dass ein Jahr bremsen für 40 Euro (=Neupreis der I-Brake) schon ok sei. Letzten Herbst kam dann die traurige Botschaft: die I-Brake sei aus dem Programm. Ich habe in Schweinfurt (=Sram Deutschland) mein Bedauern ausgedrückt und unser nach wie vor vitales Interesse an einer hochwertigen Trommelbremse nach Art der I-Brake angemeldet. Danach haben wir erst mal getrauert und gewartet, bis das Problem Trommelbremse für den I-SON virulent wurde. Dann nämlich war die Verzweiflung so groß, dass nun der Mut ausreichte, um zur Tat zu schreiten: Fangen wir doch an, selber Bremsen zu bauen! Es müssen ja nicht gleich komplett die eigenen sein, reicht ja, das Teil, welches fehlt, selber zu machen. Wir hatten den I-SON und wir hatten inzwischen den Bremsträger der guten alten Sturmey Archer Trommelbremse ausgekukt, ein solides Produkt aus der guten alten Zeit. Fehlte das Zwischenteil, die Trommel, der am I-SON aufgeflanscht wird und in der der Bremsträger bremsen soll. Also gab’s einen Sonntagnachmittag: das Vorhandene vermessen, die optimale Anordnung dafür finden und dann diese Trommel dazwischen hinein konstruieren. Tags darauf zu den vielbeschäftigten SONs, die nur leicht veränderte Achsstummel fertigen mussten, um den I-SON leicht exzentrisch zu versetzen. Und zum befreundeten Dreher, der sich zZ über jedes Aufträgle freut. Paar Tage später waren die ersten Trommeln fertig: reine Niro-Drehteile mit äußerlichen Kühlrippen, nichts Besonderes. Die SONs machten’s mit ihren Achsstummeln spannender, aber man weiß ja, dass man denen vertrauen kann. Das Schöne an dieser Konstruktion ist, dass die I-SONs, die wir in den letzten Jahren rausgaben, nun nicht wertlos werden, wenn die I-Brakes runtergebremst sind. Man kann die Achsstummel einfach austauschen und unsere neue Kreation nachrüsten. Wie es sich gehört besteht diese neue Vorderradnaben-Einheit aus drei Einzelstücken, die bei Altersschwäche getrennt ersetzt werden können. Weil der neue modifizierte I-SON sowohl mit der I-Brake als auch mit Sturmey Archer zu tun hat, haben wir den ISA-SON getauft.

I-Brake an SON-Nabendynamo

I-Brake an SON-Nabendynamo

Vielleicht gibt’s später mal einen reinen SA-SON, der keine Kompromisse der Vorgängerbremse wegen aufweist. Oder, wer weiß, vielleicht bauen uns ja Sram und/oder Sturmey Archer mal eine gescheite komplette SON-Trommelbremse. Betteln wir halt wieder 10 Jahre lang drum.

20″-Spikes-Reifen, Lobbyarbeit hat Erfolg

MarathonWinter

Marathon Winter

Note 1 für dieses Timing: Rechtzeitig zu den ersten Frostnächten sind die neuen 20″-Spikesreifen da. Unsere Lobbyarbeit war mal wieder erfolgreich. Vor vergleichsweise kurzen fünf Jahren haben wir derentwegen begonnen, der Firma Schwalbe immer wieder in den Ohren zu liegen. Nun hat unser Alltagslieger wieder ein Stück Alltagstauglichkeit dazugewonnen. Die Reifen waren ja schon für letztes Jahr angekündigt. Schwalbe sah aber von der Auslieferung nochmal ab wegen Qualitätsproblemen, seriöse Firma eben. Dies war beim letzten Klimaschock-Winter durchaus zu verschmerzen. Wie sich dieses Jahr der Winter anlässt, kommt die Einführung nun goldrichtig. Es ist ein Reifen auf der Basis des Marathon, er heißt dementsprechend „Marathon Winter“ und hat die Maße 42-406. Er hat ein moderates Stollenprofil, weist die bewährte Marathon-Pannensicherheit auf und darf bis 5 Bar aufgepumpt werden. Wir haben bereits erste Erfahrungen gesammelt. Weil sich in der 20-Zoll-Fraktion auch Dreiräder tummeln, sind die Spikes so angeordnet, dass auch bei Geradeausfahrt in senkrechter Reifenstellung schon Spikes im Eingriff sind. Dadurch sind die Reifen recht laut. Dennoch ist der Rollwiderstand nicht dem Geräusch entsprechend, er ist nicht spürbar höher als bei anderen Reifen, sehr erfreulich. Diese Reifen dürften unsere Langstrecken-Pendler sehr glücklich machen, vielen Dank an Schwalbe. Der Listenpreis von € 49,50 ist stolz, Spikesreifen sind halt nicht billig – und doch wirkungsvoll.

Habemus…

HABEMUS DYNAMEM – oder so ähnlich! Während sich der Rest der Tübinger an einem Papst ergötzt, der in den Sechzigern hier mit dem Radl durchs Städtle fuhr, wird bei uns hurtig eingespeicht und tags darauf in Germersheim (die SPEZI, Spezialradmesse , alljährlich am letzten Aprilwochenende, unser Jahresauftritt) eine Weltneuheit präsentiert. Just in time – wie verabredet – hatte unser befreundeter Nachbar den Prototypen unserer Wunschkomponente Nr1 fertig: den kleinen Spezial SON-Nabendynamo, an dem die I-Brake der Srams angeflanscht wird. Da sind wir nun endlich, das Vorderrad betreffend, wunschlos glücklich. Lange hat´s gedauert. Vor 10 Jahren musste ich anfangen – damals noch bei Sachs – zu nerven. Die hatten gerade den Kahlschlag bei ihren guten alten Trommelbremsen eingeleutet, wegen unsportlichen Images, wie sie sagten. Seit damals lag ich regelmäßig den wechselnden Product-Managern in den Ohren und drängte auf die Nachfolge-Nabenbremse hin. So habe ich den Werdegang der I-Brake aus der Ferne stets mitverfolgt, die konstruktiven Irrwege, bis nun wieder eine altbewährte Trommelbremse daraus wurde – mit vielen echten Verbesserungen gegenüber den alten. Die wichtigste: die I-Brake ist nicht in eine Nabe integriert, sie kann statt dessen an allerlei Naben angeflanscht werden. Und da lag es nahe, bei den Schmidts anzuklopfen und so dem I-SON zum Leben zu verhelfen. Davon testen wir jetzt die ersten zwei Prototypen. Bis in drei Monaten soll die erste Serie über die Bühne gehen. Die Bremse macht bis jetzt einen sehr guten Eindruck. Sie ist weich zu dosieren und hat Reserven, locker bis zum Blockieren. Sie ist äußerst preiswert (made in China) und sicher ähnlich langlebig wie ihre Vorgängerinnen.

I-SON

I-SON

Erster Serien-falter

So, nach Winter-Abtauchen und Produktionsklausur war heute endlich der Stapellauf des allerersten Serien-falters. Der knallrote Kerl gleicht seinem Vorgänger, dem knallgelben letzten Prototypen fast vollständig. Auch er erhielt die Topausstattung mit der Speedhub und dem bewährten Vollkettenschutz. Lediglich kleine, aber für die Faltzeit wesentliche Neuerungen hat es gegeben. Und gebaut ist er nun erstmals unter Serienbedingungen. Die restlichen Exemplare dieser Vorserie gehen nun wohl wie’s Brezelbacken. Ein Großteil ist ja längst bestellt. Und ich sage hier mal meinen Kunden einen dicken Dank für’s Begleiten – das Vorfinanzieren – dieses Kraftaktes, ein neues Produkt zu stemmen.