Mit den LINKEN in Berlin

Nette Berlinreise gehabt letzte Woche, halb privat, halb politisch; ein bissle Radnabel-PR war dabei. Letzteres begann schon mit der Anreise mit drei faltern im ICE, Bodo als Fotograf und – vor allem – Christophorus waren mit. Das Ganze war eine Gratis-Reise mit den Tübinger Linken zu unserer MDB Heike Hänsel. Als zuallererst in Anti-Kriegspolitik engagierte hat sie die Peace-Fahne jederzeit mit am Start (sie war es auch, die neulich im Bundestag diese Kundus-Plakataktion initiierte, deretwegen die gesamte Linke in der Folge von der Debatte ausgeschlossen wurde. Eine Aktion, die in der islamischen Welt großes Aufsehen erregte).

Straffes Programm, und doch noch Zeit für eigene Unternehmungen, den faltern sei Dank: gleich am ersten Abend Treffen mit den Vor-Ort-Freunden zu den traditionellen Kässpätzles, tags darauf die Ehrenloge in der Philharmonie. Und am Freitag – kurz nach der geschichtsverdächtigen Abstimmung im Reichstag über die Deutschen 150 Mia für den „Rettungsschirm“ – gab’s dann wirklich dieses kurze Wunschtreffen mit meinem Lieblings-Abgeordneten stroebele.jpgHans-Christian Ströbele. Den muss man – hoff ich doch – nicht weiter vorstellen: ehedem RAF-Verteidiger, Urgrüner mit schon zum zweiten Mal einzigem Grünem Direktmandat aus Kreuzberg. Und Radfahrer, darum ging’s natürlich bei dem Treff. Aber es war gleich klar: mit einem atl war da nicht zu punkten, gegen so einen Charakter-Schrottgöppel ist nicht anzukommen.

Ströbele erzählte auch gleich die Geschichte, wie die unerschütterliche Liebe zu SEINEM Rad endgültig zementiert wurde: zweimal durch Klau getrennt, sich zweimal wiedergefunden, beim letzten Mal durch Mobilmachung der kompletten Berliner Radlerscene mit promptem Erfolg nach nur ein paar Stunden. Nichts läge mir ferner als in so eine Beziehung einzugreifen. Doch Mitleid gab’s dann doch keines, als er sich beklagte, dass er sich seit Jahr und Tag bei der Bahn beklage, dass sein Rad nicht im ICE mitdürfe. Gemeinsam mit Henning Zierok (dem Rechtsaußen auf dem Viererbild), Heike Hänsels Mitstreiter und Initiator der „Kultur des Friedens“, verabredeten wir, eine Kampagne loszutreten: „Mandatsträger aufs Rad“, mal schauen.

Der Wichtigste auf dem Viererbild ist aber – jedenfalls für mich – der in der Bildmitte, mit dem ich wenig später in der Reichstag-Kuppel posierte – mit Handy: peinlich.

Sieger

Es war das Schönste an dieser Reise, sie mit ihm zu machen. War mein Liebster vor fast einem Vierteljahrhundert, kennt die Werkstatt von ganz früh, ist längst fürsorglicher Familienvater, und doch gehören auch wir ein Stück zusammen. War früher manchmal nicht ganz einfach miteinander, mal mehr für den einen, mal den andern. Inzwischen können wir’s einfach genießen.

Deutschlandreise wird geplant

Was fängt man auch an mit diesen langen dunklen Abenden? Man träumt von besseren Zeiten, beispielsweise vom nächsten Sommerabenteuer, besser: man plant das jetzt schon. Es gibt schon länger das Projekt einer Deutschlandquerung – per Rad versteht sich. Vielleicht wird’s ja dieses Jahr was: Start in TÜ Anfang August, Ziel am 21. kurz vor der Dänischen Grenze in Fresenhagen. Dort wird dann, wie leider schon seit dreizehn Jahren zwei Tage lang das Rio-Gedächtnisfestival steigen. Wer der Rio Reiser war, das weiß man hoffentlich – oder man mache sich schleunigst schlau, lese zB seine Autobiografie „König von Deutschland“, die noch kurz vor seinem Tod 1996 erschienen ist. Hier nur kurz das Wichtigste: Er war in früher Jugend zusammen mit seinen älteren Brüdern Verfasser der ersten Rockoper, später dann der Frontman der „Ton-Steine-Scherben“, DER 68-er-Band. Wer kennt nicht die Slogans „Keine Macht für niemand“ oder „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“. Diese Band hat so viel bewegt damals, die Jungs waren zB immer dabei, wenn eine Hausbesetzung anstand, so beim Rauchhaus in Berlin – und eben auch hier in TÜ bei der Besetzung des späteren Epplehauses – noch heute Jugendhaus. Natürlich hab ich sie damals hier verpasst, war noch viel zu brav. Ich hab den Rio erst wahrgenommen, als es mit den „Scherben“ schon vorbei war, sie waren schlicht pleitegegangen, weil zu oft klar war, dass sie bei den immer politischen Anlässen für Umme spielten. Rio beschreibt so schön in seiner Biografie, wie er danach eines Nachts aufwachte und den Entschluss fasste, er müsse jetzt „auf den Strich“ gehen: Er begann eine Pop-Solokarriere, sein erster Hit – eben „König von Deutschland“ – kam sofort auf Platz eins der Charts. Das war im Werkstatt-Gründungsjahr 1986, und es war die erste Kassette, die hier rauf und runter lief, sie hatte der Claus angebracht, mein erster Mitschaffer. Rios neue Songs waren alles andere als Mainstream, sie waren meist politisch, auf eine eingängige Art eben. Mir imponiert bis heute, dass er immer ein Anliegen hatte, in seinen poetischen Texten hat er oft eine pessimistische Sicht auf die Weltentwicklung versteckt. Heute noch kann es passieren, dass ich manche Passage endlich zu verstehen glaube. Andere Songs waren Liebeslieder, die zu den schönsten zählen. Wer’s wusste, wusste das: die richteten sich immer an Jungs: Songs wie „Für immer und Dich“ oder „Junimond“ berühren mich immer wieder, wenn ich sie höre. Hätte die Werkstatt mich damals nicht voll beansprucht, ich hätte dem Größenwahn erliegen können, dem Rio klarzumachen, dass ich da gerne mit meinem E-Bass mitgemacht hätte. Schade, ich habe ihn nicht mehr kennen gelernt. Ich weiß nicht, woran Rio zuletzt eher zerbrochen ist, daran, wohin sich die Welt unaufhaltsam entwickelte, oder an seinen sicher allermeist unerfüllbaren Liebschaften. Ich möchte jetzt einfach mal da gewesen sein, wo er die letzten Jahre gelebt hat, wo er auch begraben ist, einem einsamen Hof ganz da oben, drum diese Tour. Dabei soll im besten Sinne der Weg das Ziel sein. Es gibt so viele Gegenden im Land, wo ich noch nie war. Ich stell mir einen großen Bogen nach Osten vor, da ich vor allem von dort noch fast nichts kenne. Dürften gut 1200 km werden, 60 km am Tag im Schnitt, nicht viel und doch genug, wenn man’s in einer Gruppe macht, und ich möcht eben auch Zeit haben zum Verweilen. Wir sind zZ drei oder vier, die das in Angriff nehmen wollen. Ich mach den Plan hier öffentlich, damit sich uns vielleicht noch ein paar mehr anschließen. Wenn man hier auf der Homepage gelandet ist und der Rio einem was bedeutet, dann seh ich keine Gefahr, dass man’s nicht drei Wochen mitnander aushalten könnte. Also, wenn wer Lust hat mitzukommen, bitte melden über „Kontakt“. Vielleicht machen wir dann vorab mal ein Radl-Wochenende zum Beschnuppern. Wir sind übrigens offen gegenüber „falschen“ Fahrrädern, es dürfen alle mit. Aber Vorsicht: es wäre nicht das erste Mal, dass es nach so einer Tour zu Spontankäufen kommt…

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Unser erster China-Radler

Höchste Zeit, das nachzutragen. Den Richard Haumann bitte ich um Nachsicht, es war das ganze Jahr einfach zu viel los. Dabei war ich des öfteren in Gedanken bei seiner Mammut-Reise und habe mich gefragt, wie’s ihm wohl so geht. Jetzt kann man gerade allerorten lesen, dass sie’s geschafft haben: Sie sind tatsächlich angekommen rechtzeitig zur Eröffnung der olympischen Spiele: in Peking! Mitte Februar war eine Gruppe von 15 Radlern in Athen beim Ur-Olympia zu dieser 175-tägigen Tour aufgebrochen, die sie durch Griechenland, Türkei, Georgien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kasachstan, Kirgistan und zuletzt fast durchs ganze China führen sollte. War des öfteren nicht ganz ungefährlich (immerhin ist gestern Krieg zwischen Russland und Georgien ausgebrochen). „Lebensgefährlich“, schreibt Haumann, war es an der kasachischen Grenze. Seine nüchternen Zahlen: 640 Stunden im Sattel, 14.032 km, 93.542 Höhenmeter. Daraus errechne ich die Leistungsdaten: „schlappe“ 3,65 tatsächlich gefahrene Stunden pro Tag, bei allerdings stattlichen 22km/h, ergibt tägliche 80km und 535 Höhenmeter. Irgendwo im Kaukasus muss es über einen 5000er-Pass gegangen sein. Wie das ging, will ich dann persönlich noch erzählt bekommen. Bis dahin werd ich’s nun endlich wieder mal selber nachlesen auf seinem Reise-Blog http://www.docseidenraupe.blogspot.com. War vor Beginn der Reise mal drauf, als der Blog noch ganz jung war. War nett wie er begann: mit heftigem Gejammer! Die ganze Gruppe musste mit identischen, „normalen“ (gesponserten) Trekking-Rädern fahren, was der Ersatzteile wegen auch sinnvoll war. So musste der Richard (ist übrigens der „Arztnachbar“ in der news vom 15.10.2007, der sich jetzt auch mal seine Auszeit nahm) 1/2 Jahr auf seinen geliebten atl verzichten. Jetzt schaun wir mal, wie sich der Umstieg wieder zurück anlässt. Könnte ja aufschlussreich sein, sowas hat man ja sonst nie.

Am Welt-Aids-Tag 01.12.2008 nachgetragen: So hat sich die Geschichte weiter zugetragen. Kaum war der Richard heimgekehrt, war seine erste Amtshandlung, dieses China-Bike zugunsten der Aids-Hilfe zu versteigern – der Richard ist hier in TÜ DIE Anlaufstelle von Drogenkranken und Aids-Patienten. Und anschließend gönnte er seinem atl und sich eine Ausstattungs-Aufmotzung, die letztendlich teurer wurde, als das, was das China-Bike noch einbrachte, und das war nicht wenig. Und er sei so froh, seinen atl wiederzuhaben.

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Pässeradeln und Pässeradel-Freund

So, heute mal was für die „atleten“. Weiß schon, gehört großgeschrieben und das „h“ fehlt. Soll ja auch ein Wortspiel sein. Gemeint sind atl-FahrerInnen, die den „All-Tags-Lieger“ auch als Sportgerät hernehmen. Dürfen sich aber auch alle anderen Radsport-AthletInnen angesprochen fühlen. Einziges Kriterium echter Männer, ob ein Rad was taugt, ist ja, wie Mann damit einen Berg hochkommt. Da grassiert ja das für die meisten Lieger-Konstruktionen nicht ganz unberechtigte Vorurteil, dass Lieger am Berg nix taugen. Das stimmt ja nun bei unserem atl garnicht (versteht man/frau spätestens, wenn er/sie das hierzu auf der „klassik“-Seite unter „Eigenschaften“ knapp und technisch dargelegte kapiert hat). Lasst uns die Bergtauglichkeit unserer atls mal wieder demonstrieren, also: In der Schweiz gibt’s den Verein „FreiPass“ ( www.freipass.ch ) mit Vereinspräsident und allem. Der organisiert jedes Jahr an einem Alpenpass einen autofreien Tag, ein Fest für uns Radler. Dieses Jahr ist der Susten dran, am 20. September. Wird meine vierte Sustenquerung sein, kenne den nur aufm Rad. Die vorletzte Querung war auch schon autofrei. Das war vor ein paar Jahren, kurz nach den heftigen Unwettern dort. Es hatte weit oben eine Brücke weggespült, aber der Radler trägt sein bestes Stück dann einfach durchs Bachbett. Hatte mit Freund Eberhard den ganzen Pass komplett für uns alleine (diese nun schon ein Vierteljahrhundert andauernde Geschichte mit Ebi muss ich jetzt doch mal knapp zum Besten geben, aber Geduld…). Haben für diesen Septembertag noch nichts konkret organisiert. Vielleicht treffen wir uns am Freitagabend auf der Westseite in Meiringen. Dort hat’s einen Bahnhof, und man kann zelten. Vielleicht finden wir noch einen Hof zum Nächtigen mit adäquatem Frühstück für diesen Sporttag. Die gepäckfreie Variante zum Passerklimmen wäre dann, dass Zelt usw einfach da bleiben und wir den Pass dann gleich zweimal „machen“: hin und zurück, geht nicht gibt’s nicht, und ohne Gepäck macht’s halt doch mehr Laune. Also, wenn sich wer angesprochen fühlt und gern mit dabei wäre, über „Kontakt“ könnt Ihr’s kundtun, dann halten wir Euch auf dem Laufenden. Nun also zu Ebi + Dieter: Angefangen hat alles vor – ja wohl – 25 Jahren mit einem Wohnheimfest auf Schloss Solitude, wo damals die halbe Stuttgarter Kontrabass-Hochschulklasse hauste. Am Tag drauf brach diese mit Anhang zu neunt in zwei selberausgebauten VW-Bussen inkl drei Kontrabässen + einem Tandem auf in Richtung Schweden, und ich war mit einer guten Freundin mit dabei – so spontan war man damals, wir kannten uns wirklich nur vom vorangegangenen Abend. Waren heiße Wochen. Einiges später, nach dem „Tour de Sol“-Erfolg mit dem elektromotorbestückten atl-Prorotyp (war 1988 und ist schon so lange her, dass davon hier noch nie die Rede war, das kommt aber auch mal noch mal, ich versprech’s) bekam Ebi einen Elektro-atl gebastelt. Mit dem hat er eine Zeitlang versucht, seinen täglichen Dienstweg aus der inzwischen Tübinger Umgebung zu einem der Stuttgarter Orchester, in dem er seither spielt, zu überwinden. Das hat nicht so recht funktioniert, für so eine Strecke waren die damaligen Batterien zu schwer, das Ding fuhr 75km/h, Speichen, Reifen usw waren überfordert. Bald gab’s den Rückbau zum reinen Muskelkraft-atl. Und dann hab ich ihn wohl mal zu arg „deklassiert“ an einem Pass, und Ebi kam zu dem Schluss: „Rennrad ist eh viel besser“ (siehe oben: wie echte Männer Räder bewerten). Seither kämpfe ich mit Ebi diesen Kampf aus, wir sind immer wieder gemeinsam in den Bergen, und oft hat er mir’s gezeigt mit seinem Renner – und umgekehrt. Waren oft erbitterte Kämpfe, die wir uns geliefert haben. Die Krönung war 2003. Wir radelten in 19 Tagen von TÜ bis ans Ende Europas, bis Granada in Südspanien, kurz vor Afrika. Habe fast ausschließlich seinen Windschatten genutzt und habe zweieinhalb Wochen fast nur sein Hinterteil gesehen. Hatte keine Lust auf kämpfen, hatte Ferien. An Frankreich – wo in diesem Sommer fünftausend den Hitzetod starben – und Spanien habe ich kaum eine Erinnerung behalten. In einer Sierra in Mittelspanien wären wir dann fast selber verdurstet, als 70km weit kein Dorf und nix mehr kam. Dort hat uns dann ein Kloster mit einer riesen Marienstatue errettet, wäre beinahe wieder gläubig geworden! Wir haben uns damals in dieser Anspannung so gestritten, dass ich einmal sagte, jetzt braucht unsere Freundschaft wohl mal eine Pause. In Granada angekommen schlief ich anderthalb Tage durch in der maurischen Höhlenwohnung von Derk, einem jungen, ehemaligen Orchester-Praktikanten in Ebis Orchester. Dann ging’s an die Königsetappe dieser Reise. Hinter Granaga erhebt sich die Sierra Nevada, da hat’s die höchste Straße, die unser Kontinent zu bieten hat. Der Veleta hat 3494müM. Bis fast ganz oben kann man fahren. Wir waren jetzt zu dritt, mit Derk, ein ungleiches Trio, mit Rennrad, Lieger und Mounty. Unten fängt’s sechsspurig an, bald wird’s ruhiger. Nach einer guten Stunde gab’s Schwimmen im Stausee, der die Stadt mit Wasser versorgt – inzwischen recht kärglich, die haben dort jetzt richtig Wasserprobkeme. Dann ging’s weiter, alles in allem so sechs Stunden immer höher. Hatte die beiden gut im Griff, war gut erholt. Die Straße wird immer schmaler, ist irgendwann für Autos gesperrt. Am Ende war Ebi doch als erster oben, hat aber nicht recht gezählt. Da war wieder das Wasserproblem. Mit Derk war ich lange vornedraus, als wir etwas abseits eine Herberge entdeckten, wo wir uns nochmal bevorraten konnten. An die Abzweigung zurückgekehrt warteten wir auf den durstigen Ebi, 20 Minuten, da kam keiner. Da entdeckten wir schon weit oben ein graues Etwas den Berg hochschleichen. Ebi war also doch schon durch. So war er natürlich nicht mehr einzuholen. War dann auch nicht mehr so wichtig. Es war irre schön da oben, und endlich war’s mal wieder eisekalt, endlich mal wieder frieren. Haben viele Bilder gemacht.

August 2008 Veleta 3494 müM

August 2008 Veleta 3494 müM

Ebi und ich waren auch seither jedes Jahr mal ein paar Tage in den Bergen. Das Kämpfen ist inzwischen nicht mehr so wichtig. Wir wissen seit den damaligen Streits, wo wir uns in Ruhe lassen müssen. Morgen geht’s mal wieder auf zur diesjährigen Unternehmung. Freu mich drauf: Das ist ein Teil dessen, wofür ich über’s Jahr arbeite.

Später Nachtrag: Aber das war doch recht nett, was der Schweizer HPV-Chef (unser Verein „Human Povered Vehicles“ ist ja der Tummelplatz für Fahrradbastler) da im vorletzten Vereinsheftle „Info Bull“ über unsere Sustenquerung schrieb. Er hatte sich den Radnablern kurzentschlossen angeschlossen, und, na ja, es hat ihm wohl bissle gefallen mit uns. Habe seine Erlaubnis, seinen Bericht hier zu veröffentlichen.

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Ein Beispiel-Wochenende

Wie der Radnabel-Chef seine Wochenenden durchbringt, wenn er ausnahmsweise nicht durchschafft: Nicht wirklich weltbewegend, aber das vorletzte Wochenende war doch so ein Volltreffer, da mache ich doch gern ein bissle neidisch. Es begann freitagmorgens mit der Auslieferung von gleich zwei faltern an ein in der HPV-Scene recht bekanntes Pärchen inkl. Simultan-Faltkurs in der Sonne auf unserem Jakobsweg-Kirchen-Vorplatz gleich gegenüber. Am Nachmittag gings dann per Zug nach Stuttgart. Immer mal wieder holt mich mein früheres Leben ein. Lange vorm Euro war mein DM-Suchgerät mein Fagott, man konnte damals in den 70/80ern üppig fündig werden. War ein angenehmes Leben, sponsered by Staat + Kirche. Man musste nur zweierlei, mit beidem hatte ich immer schon Schwierigkeiten: die richtigen Töne spielen und nicht weiter nachdenken. Oder man sollte wenigstens den Mund halten, dies nicht zu tun, übe ich immer noch. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nur noch zu Regierungs + Gottes Lob in der Karre saß, da darf man sich bei den Schaustellern einreihen: fahrendes Volk eben. Und damals wurden mir Fahrräder wichtig, so zog ich mich allmählich aus dem Musikbetrieb zurück. Den letzten Bruch gab’s allerdings erst vor wenigen Jahren. Und dann, wenn sie mit Konzertreisen winken, kommt man halt doch wieder ins Wanken. Und so trifft man mich jetzt doch wieder – vertretbar selten – beim „Kirchenbeschallen“. Im Zug dabei waren also: heiliger gefalteter Ur-falter + Delfin-Verkleidung, darin Fagott, Noten, Notenständer, kleine Version der Konzertverkleidung und das Wenige, was man für ein schönes Radelwochenende so braucht. Vom Stuttgarter HBF gings radelnd weiter durch die grüne Lunge hintenrum auf den noblen Killesberg ins Chorheim (ein Benisch-Bau wie der „neue“ Bonner Bundestag) eines nicht unbedeutenden Knabenchors, sympathische zweite Bundesliga, würde ich sagen, denn ihr hohes Niveau erzielen die auch ohne extensiven Bildzeitungs-tauglichen Drill. Nach der Probe beschaulicher Biergartenabend in Cannstadt, dem schöneren und ältesten Teil der Stadt. Dort auf dem Heimweg noch die Daimler-Gedenkstätte entdeckt, seine Originalwerkstatt, wo das ganze Unheil begann – sicher von ihm so nicht gewollt. Prächtig gelegen, mitten im Park, sieht aus, als sei da von vornherein viel Geld im Spiel gewesen. Für samstagabend stand ein Konzert in Heilbronn an. Bis dahin den ganzen Tag Zeit für eine der schönsten Raderlebnisse seit langem: immer dem Neckar nach, der schlängelt sich da gemächlich durch’s Ländle, sodass man sich einen gemütlichen Tag lang mit der eher kurzen Luftliniendistanz beschäftigen kann. Aber mindestens eine wenn nicht die Perle im Schwabenland, dieser Neckarabschnitt: überall „Drogenanbau“, allerorten war man gerade an der Weinlese. Meist gibt’s da unten nur schmale Wirtschaftswege, inzwischen gut als Fahrradwege ausgeschildert, und: traumhaftes Frühherbstwetter. Zwischenstopp in Schillers Marbach, dem pferdefreien (die Queen: „…and where are the horses??“). Mittagsmahl auf dem Marktplatz von Besigheim, umgeben von feinstem Fachwerk. Was das Neckartal in diesem Abschnitt allerdings auch birgt, ist ein Gutteil unserer Noch-Energieversorgung: Irgendwann habe ich aufgehört, die Kohlekraftwerke zu zählen, ein Ur-Schwerölkraftwerk war auch noch drunter. Und dann ging’s ganz dicht vorbei an Neckarwestheim I + II. Die einzige Wolke weit und breit, was den Kühltürmen da kilometerhoch entströmte, ein unheimeliges Gefühl erzeugend, dabei ist das eigentlich Unheimliche garnicht zu sehen! Vor lauter „ja nicht zu spät kommen“ viel zu früh in Heilbronn, dem damals völlig kriegszerstörten. Dort sitzt der Fahrradbauer dann abends in der (ähnlich der Dresdener Frauenkirche wiederaufgebauten) ersten Kirche am Platz und gibt bei einer kammermusikalischen Zwischenmusik (damit die Jungs sich erholen können) den versierten Fagott-Profi. Was ein erhebender Rollenwechsel: „hier die Noten, spiel mal“! Irgendwie ging’s, wie in alten Zeiten. Kurz vor Torschluss und jwd dann doch noch ein Hotelzimmerchen gefunden, Berührung mit der normalen Welt: umgeben von Monteuren, die in wichtiger Mission beim Audi-Werk im nahen Neckarsulm hier abgestiegen waren. Folgte der Sonntag, noch ein Radler-Traum-Tag: Schon lange war Hesses Maulbronn auf meiner Wunschliste. Als ehemaliger Bebenhausen-Schlossbewohner wollte ich dieses noch Größere, noch Bedeutendere, und außerdem als Weltkulturerbe geführte doch endlich mal gesehen haben. Der Weg dorthin führt durchs Kraichgau, einer Hügellandschaft, wie das Neckartal vom Weinbau geprägt, in jedem zweiten Ort ein Weinfest. Lange Zeit grüßte noch die Neckarwestheimer Gruselwolke von Ferne. Sehr glücklich war ich in dieser Gegend mit meinen Karten, den Freizeitkarten vom Landesvermessungsamt Baden-Württemberg, sie leiteten mich fernab des MIV-Getümmels beschaulich durch diese stille Kulturlandschaft. Endlich mal in Maulbronn zu sein, war dann schon ergreifend, auch wenn meine betagte Mutter am nächsten Tag meinte, Bebenhausen sei doch viel ursprünglicher. Den amerikanisch/japanischen Kaffee+Kuchen-Trubel dort muss man nicht gutheißen. Eigentlich war mein Plan, dort in unsere „Kulturbahn“ zu steigen und bequem heimzuzügeln. Aber es war noch früher Mittag, und bei dem Königswetter jetzt schon in ein geschlossenes Zugabteil zu hocken, konnte ich mir nicht antun, also erst mal weiter bis Pforzheim. Das war dann schon fast daheim, und ich bekam Schwierigkeiten, jetzt diesen Riesen-Umweg per Bahn über Horb zu nehmen. Es war erst 1/2 fünf, also: einen Gang höher schalten und vollends durch per Muskelkraft. Sind dann schon noch 80km, aber das idyllische Würmtal war schon lange nicht mehr dran, also gib ihm. Wollte aber vor Dunkelheit zuhause sein, da gibt’s einen Grund, gleich mehr. Kurz in Keplers Weil-der-Stadt gegrüßt und weiter, Sindelfingen, schnell durch’s Daimler-Areal, dann Böblingen. Hätten wir’s vorher gewusst, hätt’s dort ein Wiedersehen mit ’nem ganz Lieben geben können. So war’s halt ’ne Woche später – und wieder viel zu kurz. Schon in der Dämmerung ging’s in den altbekannten Schönbuch. Da wollte ich eben vor Dunkelheit durch sein, um nicht nochmal sowas zu erleben wie vor Jahren. Dies ist nun der Kurzbericht über den zweiten und – bisher – letzten spektakulären Liegeradsturz meinerseits: War seinerzeit auf dem Heimweg von einer Böblingen-Mugge (=Musikers-Gelegenheits-Geschäft), war schon kurz vor der Geisterstunde. Hatte an den Tagen davor nach den Proben schon immer die Wildschweine da im Goldersbachtal bei ihrem Ausgang gesichtet. In dieser letzten Nacht nun, nach dem Konzert, wollte ich einfach nur noch heim. Gab entsprechend Gummi, was kümmern mich die Säue! An der gleichen Stelle sind sie diese Nacht wieder. Und als ich sie gerade bemerke, kriegt eine Panik, schießt aus dem Graben und erwischt mich so, dass sie wohl unter meinem Rad durchgeprescht ist. Ich sehe mich noch wie bei Asterix in 90 Grad Schräglage durch die Luft fliegen, danach endloses Gerutsche auf dem Splitt, komme endlich zum Liegen, rieche Wildschweinduft und höre da hinten wildes Geschnaube. „Nix wie weg hier“ war mein einziger Gedanke, erst einen Kilometer weiter begann ich mich zu sortieren: blauer Fleck am Schenkel, der mich noch wochenlang an diese Begegnung erinnerte, muss wohl der Lenker gewesen sein den ich mir da reingerammt habe, sonst nix! Hatte der Kühle wegen das Verkleidungscape über, der Splitt konnte diesem nichts anhaben, nur am Grundbrett des Verkleidungs-Vorderteils war eine Ecke angebrochen. Dieses Mal keine Säue, hab’s geschafft: mit Sonnenuntergang um 1/2 acht daheim. Leute, so geht Mobilität auch. PS: das alles war natürlich Dienstreise, steuerlich voll absetzbar, gell.

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Tour zum 21-Jährigen

Nachzutragen wäre noch, dass das Ergebnis unserer 20-er-Jubiläungstour im letzten Jahr war: da muss was folgen. Ist neulich erfolgt erfolgreich. Unter dem Motto „3×7=20+1“ ging’s über’s Himmelfahrtswochenende einmal entlang des deutschen Abschnitts der (leider) letzten verbliebenen innereuropäischen Grenze. Schweizer sagen ja mittlerweile, wenn sie über den Landweg ihr Land verlassen, sie gingen nach „Europa“. Beat, schweizer Freund und guter Kunde, hatte diese Route vorgeschlagen, und wir hatten sie schon im März vorauskundschaftet. Zwischen kurz hinter Bregenz und Basel ist es am südlichen Bodenseeufer und später dem Rhein einlang in erster Näherung einfach flach. Es sollte eine Genießertour werden, erklärtermaßen für alle. Somit war die Sportlerfraktion weitgehend erfolgreich abgeschreckt, Großfamilien und „gerne-auch-mal-Bummler“ waren ungestört. Es war wieder eine wohltuend entspannte Sache, auch wenn wir wieder ein schön gemischtes Grüppchen abgaben: vom Opa bis zum Kindergarten, von der Jugendtherapeutin bis zu höheren Töchtern, vom Rabiat-Öko bis zum Polizisten (und das kurz vor Heiligendamm). Längst nicht alle waren mit Radnäbeln unterwegs , da stehen wir drüber (stattlich war die Gruppe der Hase „Pino“s, den ultimativen Papa/Mama + Kind – Tandems). In mindestens drei Fällen zeichnet sich nun ab, dass es sich bald ändern könnte, das mit den „falschen Rädern“, so hätte sich dieses Wochenende richtig gelohnt. Geehrt hat uns die erneute Teilnahme der gesamten Prominenz der benachbarten Fahrradindustrie (siehe die Links), die Fa. Schmidt (SON-Dynamo) war stark vertreten, ebenso die Reutlinger Gustav Wernerstiftung, AWS (Verkleidungen) war sogar komplett dabei. Gefreut haben wir uns auch über die Chefriege des TAT, des Tübinger Arbeitslosen-Treffs. Insgesamt waren’s wieder so 30 Leute, das ist die Größe, die gerade noch geht, dass am Ende dann alle mal 5 Minuten miteinander geredet haben. Das Wetter am ersten Tag war so richtig im Geschmack von Alfreds AWS-Firma: nur einmal Regen von bis. Familie Radnabel verzog sich unter die Capes, singing in the rain. Die andern nahmen’s erstaunlich stoisch, muss man sagen. Die Landschaftsbeschreibungen überspringen wir hier, so wie früher beim Winnetou-Lesen: hinfahren und selberkuken. Erwähnenswert dagegen, dass wir diesmal zum ersten Mal das Schweizer Erfolgsprojekt „Schlafen im Stroh“ in Anspruch genommen haben. Sehr empfehlenswert: Schlafsack auf Decke auf Stroh, fertig. Das Schöne: jeder Hof macht’s auf seine Art, und bei der Verpflegung legen sie sich richtig ins Zeug. Bei Biowein von vor Ort haben wir denn auch nächteweise die Welt gerettet. Offenbar lässt es sich nun nicht mehr verhindern, dass die Radnabel-tours zur Institution werden, es gibt bereits zwei Nachfolgeprojekte. Noch diesen Herbst will uns der Jens seine Pfalz zeigen mit einer önologischen Tour, eine Zeitlang entlang der Weinstraße (Önologie sei die Lehre vom Weintrinken- oder so), aber dann auch ab in die Berge des Pfälzer Waldes. Und wie’s aussieht etabliert sich das Himmelfahrtswochenende als Fixtermin. Da könnten wir nächstes Jahr polizeigeführt im Fränkischen rund um Rothenburg unterwegs sein. Wer von außen Lust verspürt, mal mit dabeizusein und die Sektenmitglieder kennenzulernen, die an die Kraft durch Energiesparen glauben, soll’s kundtun, dann kommt, er/sie/es mit auf die Mailingliste. Sicher machen wir nicht nur so Opa-Touren wie diese eben: wir können auch anders!

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Tour zum 20-Jährigen

Nach langer Pause eine neue Verlautbarung. Waren wieder in Winter-Arbeitsklausur, welche sich diesmal auch übers gesamte Frühjahr erstreckte und nun auch noch den Sommeranfang überdauert. Aber das Ziel ist knapp erreicht: die ersten falter der neuen Generation waren draußen noch vor Frühjahrsende. Die nächsten Wochen geht’s jetzt wieder Schlag auf Schlag. Außer arbeitsreich war die lange Zeit nicht viel. Um die Jahreswende habe ich die letzten Wochen mit Ralf noch einmal intensiv nacherlebt und erst da richtig gemerkt, wie sehr er mir fehlt (inzwischen bin ich in einer Phase angekommen, wo ich mich dagegen auflehne, dass mir die Erinnerungen schleichend abhanden kommen). Noch ein Ereignis haben wir im Stillen gebührend gefeiert, das 20-Jährige der Firma am 5. Mai. Da kann man schon ein bissle stolz drauf sein. Was hat man da nicht schon an Luftblasen überlebt in den zwei Jahrzehnten. Und wie haben wir’s gefeiert: logo, mit einer Radtour. Zusammen mit der Kundschaft und Freunden – zwischen 20 und 30 in wechselnder Besetzung inkl. Kind und Opa – ging’s ab Werkstatt für drei Tage in den Schwarzwald. Haben uns stets oben orientiert, fernab von allem Urbanen. War ein Experiment, ein vollauf gelungenes, eine entspannte Genießertour. Hab’s schwer genossen. Machen wir mal wieder. Hier sind ein paar Bilder versteckt (pass: 20jahrejubeltour).

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